Unsere Auszeit 2024 – Ostsee Umrundung Teil 5

Um 05:45 Uhr ging dann der Wecker. Wir mussten ja pünktlich am Fährterminal sein. Wir mussten einmal quer durch Helsinki und einige verwinkelte Straßen, kamen aber noch vor dem offiziellen Check In am Schalter an. Wir wurden dann zunächst hinter einem anderen Wohnmobil hinterher gelotst und mussten dann etwas abseits warten. Das Einlaufen der Fähre konnten wir dann recht gut beobachten. Nachdem wir dann auch heil im Bauch des Schiffes parken konnten suchten wir unsere Kabine. Aufgrund des Hundes hatten wir extra eine Hundekabine gebucht, da Jule sonst -ohne, dass wir sie zwischendurch hätten besuchen dürfen-, im Fahrzeug bleiben müsste. Leider klappte das mit dem Kabinenschlüssel per App nicht richtig, so dass wir uns erst einmal gemeinsam zum Informationsschalter und dann über mehrere Decks zurück zur Kabine begeben mussten. Da hatte Jule direkt schon die Nase voll.

Während der Fahrt machten wir kurze Besichtigungen des Oberdecks, wo uns der Wind gehörig um die Nase wehte. Die Sicht auf Schären war leider ebenfalls eingeschränkt, so dass wir rasch zurück zur Kabine gingen und uns erst einmal ein wenig ausruhten.

Nachdem wir in Tallin angelegt hatten, wollte das direkt vor uns parkende Wohnmobil los. Musste wegen eines eng stehenden Pfeilers noch kurz zurücksetzen – und fuhr kurzerhand auf unsere Stoßstange auf. Bei uns war nichts passiert, aber die massive Stoßstange hatte durchaus eine Delle mit gerissener Außenhaut am Wohnmobil hinterlassen. Das störte den Fahrer aber nicht und so fuhren wir umso vorsichtiger von der Fähre.

Wir hatten mit Helsinki so viel Großstadtflair, dass wir eher die Einsamkeit suchten. Daher verzichteten wir auf absichtliches Sightseeing und waren froh dem Lärm und Verkehr von Tallin entkommen zu können. Wir werden die Stadt einfach bei der nächsten Tour in der Gegend besuchen. Man muss ja auch für später noch Ziele haben.

Wir haben dann den Stellplatz bei dem versunkenen Gefängnis von Rummu aufgesucht. Eine wirklich beeindruckende Landschaft, die quasi als Naherholungszentrum hergerichtet war.

Der Stellplatz selbst war noch nicht gänzlich fertig gestellt. Aber es standen Strom, WC, Dusche, Abwaschplatz und Entsorgung zur Verfügung. Für das nötige Knastfeeling sorgte die Zufahrt zum Gelände. Hinein kam man, indem man bezahlte und dann schob sich das mit Stacheldraht bewehrte Tor beiseite. Hinaus kam man jedoch nur, wenn man vorher eine Rufnummer wählte und dem Gesprächspartner den Wunsch der Ausfahrt verständlich machen konnte. Aber dank zusätzlicher Kamera Überwachung war das zumindest bei uns ein leichtes Unterfangen.

Über die RMK App hatten wir uns für den nächsten Tag eine Wanderung herausgesucht. RMK steht dabei für die staatliche Forstbehörde. Diese hat eine wirklich tolle App, mit der man die vielen wirklich liebevoll gestalteten Plätze und Wanderungen finden kann. Wir waren ja auch in Finnland gewohnt Feuerstellen mit Holzlager und Trockentoilette zu finden. Aber die RMK Plätze waren irgendwie noch besser. Zum Teil gab es entsprechende Trinkwasserentnahmestellen, manchmal weitläufige Plätze mit gleich mehreren separaten Feuerstellen. Dazu dann die Wanderungen, die eigentlich immer gut beschildert waren und Parkmöglichkeiten am Startpunkt boten. Da wir ja in der Nebensaison unterwegs waren, fanden wir immer einen Platz und konnten überall dort, wo wir es wollten auch mit der Büchse übernachten. In der Hochsaison sind laut Auskunft von Einheimischen viel mehr Personen unterwegs, die oftmals dann auch einfach Ihre Zelte aufstellen und den entsprechenden Ortschaften entfliehen, um sich zu erholen. Da wird es dann zum Teil etwas enger, aber wenn man entsprechend kontaktfreudig ist wohl auch interessanter.

Die Anfahrt zur Wanderung bot uns dann einen ersten Eindruck der Straßenbeschaffenheit und Fahrweise der Einheimischen. Diese war nicht ganz so auf Ruhe ausgelegt, wie im Norden Finnlands, sondern orientierte sich mehr an, sagen wir mal Stress und Hektik. Die normalen Straßen waren jedoch in guten Zustand und die kleinen Schotterpisten auch durchweg sehr gut befahrbar.

Unsere Wanderung war dann letztlich 6,8 km lang. Jule hat dies dank kühlen Temperaturen toll mitgemacht.

Anschließend wollten wir einen Wasserfall besichtigen. Da die Parkplatzsuche schon schwierig war, hätten wir uns aber auch denken können, dass dieses Ziel gut besucht war. Wir konnten dann trotzdem einen kleinen Spaziergang dorthin machen und den im Vergleich zu norwegischen Verhältnissen kleinen Wasserfall bewundern. Aber hier sind die Höhenunterschiede halt auch nicht so groß.

Unser Lager schlugen wir auf einem RMK Platz direkt an der Ostsee auf. Eine Campsite direkt an Dünen und mit Meerblick. Einfach toll. Da blieben wir trotz sinkender Temperaturen gerne an der Feuerstelle draußen sitzen.

Tags darauf fuhren wir einen Baumarkt Zwecks des Erwerbs von Feuerholz an, denn aus Finnland war uns bewusst, dass nicht alle Holzlager gefüllt sein würden. Und wenn man die passenden Feuerstellen vorfindet, möchte man sie ja auch mal benutzen.

Weil uns unsere Route daran vorbei führte machten wir einen Abstecher zum Schloss Katharinental und schlenderten auch noch vorbei am Präsidentensitz.

Anschließend ging es zum Jägala Wasserfall, wo wir auch noch einen kleinen Spaziergang mit dem Hund unternahmen, bevor wir unser Nachtlager aufsuchten. Es folgte eine Wanderung bei Käsmu, wo wir erst den Weg zur Ostsee, dann Wald und Steinfelder erwandert haben.

Es folgte dann ein weiterer Wasserfall an der Ostseeküste. Dieser war jedoch fast gänzlich ausgetrocknet, so dass wir nur ein kleines Rinnsal erspähen konnten. Jede normale Regenrinne führt mehr Wasser. Aber so ist das halt mit der Natur. Es kann ja auch nicht immer alles spektakulär sein. Der Weg zum nächsten RMK Platz führte uns dann eine echt holprige Offroad Strecke entlang. Ich hatte richtig Spaß! Der Platz selbst war dann in der Nähe von Windrädern bei einem alten Abbaugebiet für Gestein. Hier gab es wieder genügend Holz und dank des bescheidenen Wetters auch genug Grund die Feuerstelle zu entfachen und zu grillen. Einfach herrlich.

Über die ruppige Piste ging es am nächsten Tag dann zurück zur Hauptstraße und zu einer Wanderung von 5 km Länge entlang von Seen und einem ausgedehnten Waldgebiet. Da hier ausnahmsweise mal die Beschilderung nicht ganz so deutlich war, mussten wir uns ein kleines bisschen querfeldein bewegen. Dabei mussten wir den Hund aufgrund des hohen Bewuchses mit diversen Sträuchern dann auch noch tragen. Aber dann waren wir wieder auf dem richtigen Weg und konnten zielsicher wieder zurück zum Parkplatz finden.

Nach dieser abenteuerlichen Anstrengung ging es dann auf dem Asphalt weiter zur Orthodoxen Kirche in Vasknarva nahe der russischen Grenze. Diese konnten wir dann lediglich von Außen betrachten. Und dann auch nur die Teile oberhalb der ringsherum führenden Mauer betrachten. Das wäre sicherlich von Innen noch einmal schöner gewesen. Aber wir hatten keine Öffnungszeiten gesehen – waren aber ja auch außerhalb der Saison unterwegs.

So ging es für uns danach nach Tartu zu einem Stellplatz am kleinen Hafen. In Tartu hatten wir den nächsten Termin beim Tierarzt, so dass wir schon einmal vor Ort sein wollten, um am nächsten morgen pünktlich dort zu sein.

Wir hatten abends noch gesehen, dass in der Nähe direkt bei einem Einkaufszentrum eine Wäscherei war. Also setzte ich Anja samt der gesammelten Wäsche am nächsten Morgen dort ab. Derweil fuhr ich zum Tierarzttermin und ließ Jule entsprechend behandeln. Es war wieder eine sehr nette Tierärztin, mit der ich ein nettes Gespräch hatte. Sie sprach sogar absichtlich deutsch, um mal wieder ein wenig zu üben. Gelernt hatte sie es aus dem Fernsehen durch Kindersendungen. Erstaunlich, wie gut das offenbar funktioniert hat, denn wir wechselten lediglich für ein paar kompliziertere Worte ins Englische.

Jule und ich holten danach das Frauchen mit der frisch gewaschenen Wäsche wieder ab und wir fuhren gemeinsam zu den „Zwiebeldörfern“. Aufgrund der Bodenbeschaffenheit konnten die hierher geflüchteten „Altgläubigen“ russischen Exilanten kaum etwas anderes als Zwiebeln anbauen, so dass der Name entstand.

Für uns war es eine schöne Tour über kleine Straßen und entlang mehrerer kleiner Dörfer am Rande des Peipussee. Unser Nachtlager schlugen wir wieder an einem RMK Platz auf. Hier begegneten wir einem netten jungen estnischen Pärchen aus Tartu, die auf dem Platz gezeltet hatten. Schön mit Holzfeuer Heizung im Zelt und jeglichem Campingkomfort inklusive Laptop zum Filme schauen. Wir hatten einen netten Plausch bevor sie leider wieder zurück in die Stadt und zur Arbeit mussten.

Nachdem wir den sehr ruhigen Platz verlassen hatten, ging es zu einer kleinen 3,5 km Wanderung an einen See. Anschließend besuchten wir noch die Ordensburg Oberpahlen in Pöltsamaa. Die Anlage war bereits teilweise fertig renoviert und so konnten wir spontan im dortigen Restaurant Mittag essen. Das urige Ambiente im Gewölbe und das gute Essen zum günstigen Preis haben uns sehr gut gefallen. Auch wenn ich dank eines Übersetzungsfehlers zu meiner Ente eine Cherry-Soße (also Kirschsoße) statt einer „Sherry-Soße“ (also der angereicherte Weißwein ähnlich Portwein) bekam. Und obwohl ich ja verarbeitet und erhitzte Früchte nicht mag, passte es doch ganz gut zum Essen. Dank entsprechend gutem Nachtisch fuhren wir dann gut gesättigt zu unserem nächsten Nachtlager. Hier waren noch Familien beim Grillen, aber nachdem wir mit Jule eine kleine Runde gedreht hatten, waren sie auch schon verschwunden. Abends gab es dann wieder ein Feuerchen und wir staunten nicht schlecht, als in fast völliger Dunkelheit plötzlich zwei Wanderer mit schwach leuchtenden Stirnlampen auf dem daneben verlaufenden Weg vorbei kamen. Ein kurzes Grüßen und schon waren sie wieder in der Dunkelheit verschwunden.

Bei kühlen Temperaturen und Regen machten wir uns am nächsten Morgen wieder auf den Weg. Zunächst Einkaufen, dann nach Pärnu, wo wir einen kleinen Stadtbummel unternahmen. Anschließend fuhren wir zu einer öffentlichen Toilette, wo auch eine Dusche gegen kleine Gebühr nutzbar sein sollte. Das Gebäude war dann auch offen. Es gab jedoch keine Möglichkeit zu bezahlen. Geduscht haben wir trotzdem. Und das war auch mal wieder nötig.

Die nächsten zwei Nächte verbrachten wir dann an einem riesigen RMK Gelände direkt an der Ostsee. Aufgrund des schlechten Wetters mussten mal wieder die Außenplanen einziehen. Anscheinend wurde der Platz in der Saison auch als Ferienlager genutzt, denn die Infrastruktur mit diversen Feuerstellen, Trockentoiletten und einem richtigen Servicegebäude wirkten dem entsprechend. Nun war außerhalb der Saison jedoch lediglich eine Trenntoilette geöffnet und der Rest mit Schrauben und Nägeln unzugänglich gemacht. Das Servicegebäude war gänzlich versperrt. Aber wir haben ja alles und sind autark.

Anja verbrachte den Ruhetag mit Arbeit, ich ging mal wieder laufen und nahm dann sogar ein kleines Bad in der Ostsee. Der kalte Wind ließ es jedoch zu einem kurzen Vergnügen werden.

Mangels Sonnenschein und der Notwendigkeit die Heizung in der Kabine laufen zu lassen, war die Bordbatterie nach 2 Tagen dann aber ein wenig geschröpft. So war es auch nicht schlimm, dass der Wind immer stärker zunahm, da wir eh den Platz räumen wollten, um durch das Fahren die Batterie wieder zu laden.

Wir wollten uns mal wieder ein wenig abseits der normalen Routen bewegen und befuhren daher ein Teilstück der TET Route (Trans Euro Trail). Schöne aber auch wirklich schlammige Teilstücke sorgten für ein wenig Offroad Feeling und für ein echt schmutziges Auto.

Um uns die Beine zu vertreten machten wir noch eine 4,3 km Wanderung um einen See herum. Leider überwiegend auf Schotterwegen, so dass Jule dies mit entsprechender Lustlosigkeit quittierte.

Anschließend fuhren wir über normale Straßen in Richtung neuem Nachtlager, konnten dann aber noch ein weiteres Teilstück der TET befahren, um dort anzukommen.

Anja erledigte noch ein wenig Arbeit, während ich bereits nach einer Lösung für den Reiseblues suchte, der uns überkommen hatte. Das triste Herbstwetter, die Tatsache, dass vieles wegen Nebensaison nicht geöffnet hatte und die bereits lange andauernde Reise machten sich irgendwie negativ bemerkbar. Es war Zeit für eine kleine Reisepause. Rasch einigten wir uns darauf eine Auszeit in einem Wellnesshotel zu nehmen.

Doch dann begann die Recherche. Wo sind Hunde erlaubt, wo ist noch etwas frei und preislich im Rahmen? Letztlich einigten wir uns auf das „Castle Spa Wagenküll“ in Taagepera. Das lag sowohl in unserer derzeitigen Nähe, als auch nahe der lettischen Grenze, unserem nächsten Reiseziel. Und es waren Hundezimmer vorhanden und es gab ein Herbstarrangement, wo wir ein wenig Geld sparen konnten. Da der Check In jedoch erst ab 15 Uhr möglich war, fuhren wir noch rasch zu einer kleinen Wanderung, um uns die Beine zu vertreten und die Zeit verstreichen zu lassen. Es wurden dann sogar 4 km bevor mit unserem leider sehr schmutzigem Fahrzeug beim Schloss vorfuhren.

Nachdem wir unsere Zimmerschlüssel hatten parkten wir das Fahrzeug und machten uns dann daran mit Leinenbeuteln und Einkaufstaschen unsere notwendigen Habseligkeiten ins Zimmer zu bringen. Das war uns schon ein wenig unangenehm, wie wir so verdreckt und vagabundenmäßig unsere Habseligkeiten in das noble Gemäuer verluden. Als sich Jule dankbar zur Ruhe gebettet hatte, besuchten wir noch rasch den Wellness und Spa Bereich. Dort sticht man dank Bademänteln und nackter Haut dann ja nicht mehr so hervor. Für das Abendessen hatten wir dann unsere Besten Klamotten herausgesucht und waren auch so entsprechend vorzeigbar.

Am darauf folgenden Ruhetag genoss Anja den Spa Bereich und ich machte vorher noch rasch einen Abstecher nach Turku, um in der uns dort bekannten Wäscherei noch einmal zu waschen, damit wir entsprechend saubere Kleidung für die weiteren Abendessen vorweisen konnten. Nachmittags gönnte ich mir dann auch die diversen Saunen, Whirlpools und Planschmöglichkeiten.

Da man ja nun nicht den ganzen Tag im Saunabereich verbringen kann, ohne schrumpelig zu werden, machten wir am nächsten Tag nach dem Frühstück erst einmal eine Wanderung. Es wurden dann 5,7 km, die Jule auch gut mitgemacht hat. Als wir dann wieder die Wellnesslandschaft besuchten, war sie jedoch auch froh wieder ein wenig ruhen zu dürfen. Natürlich neben dem Bett in Ihrem eigenen Körbchen.

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